Start: Lugano
Alpe di Bolla
Lugano - Monte Bre - Alpe di Bolla - Lugano
Im Januar im Süden
Mountainbiken bei 7-10°Grad plus bei Nordföhn im Tessin. Ein
Abenteuer der besonderen Art liegt vor mir wie ich später feststellen
musste. Mit dem Auto durch den Gotthard. Bis Göschenen vorsichtiges
fahren bei Schneefall- durch den Gotthardtunnel - Und tatsächlich
in Airolo empfangen uns die ersten vereinzelten Sonnenstrahlen. Und
je weiter gegen Süden immer Sonniger und Wärmer wird es bis
ich im Südtessin in Lugano angelangt bin. Ruhig und ohne Hektik
liegt das Südtessin genauer Lugano vor mir. Lugano ganz ohne Dunstglocke
bei Nordföhn welch ein Ambiente. Das muss man erleben und ist sehr
schwer zu beschreiben. Nicht der grosse Rummel wie in den Sommermonaten.
Auf der Piazza Grande vereinzelte Spaziergänger am See viele Sonnenhungrige
die den Föhntag geniessen und Sonne auftanken. Mein Ziel ist aber
der Parkplatz beim Stadion Cornaredo wo immer viele freie Parkplätze
bereit stehen. Kurz umziehen und Gut eingehüllt in Thermobekleidung
und los gehts.
Ab dem grossen Parkplatz
des Stadio Cornaredo gehts zunächst Richtung Lugano und hoch
Richtung Monte Bre
Bei der letzten grossen Spitzkehre gehts weg von der Asphaltstrasse
und unter der Bre-Bahn durch vorbei an der Eisenabschrankung und auf
einem sehr gut zu fahrenden breiten Wanderweg hoch nach dem Ort Bre.
Dabei gibt es kurz unterhalb Brè auch noch ein wenig steiler
hoch aber immer noch im Sattel fahrbar. Mitten durch den Ort über
Kopfstein weiter hoch bis die Strasse endet beim Wald, und ein sehr
steiler Waldweg beginnt. Der Waldweg ist wie eine Wand so steil so kommt
es mir vor. Wer hier alles mit dem Bike bewältigt hat wohl stahlharte
Muskelpakete vorzuweisen. Aber wer die Herausforderung sucht?! Immer
entlang dem breiten Wanderweg geht es bald wieder flacher bis nach Carbonera wo ein Wasserreservoir steht.
Beim Wasserreservoir
bei Carbonera gibt es zwei Streckenvarianten: Ab hier
steht
der Biker vor der Wahl die einfache Route auf direktem Weg zur Alpe
Bolla oder den anspruchsvolleren und schwierigeren Weg hoch auf den
Monte Boglia zu wählen.
Da
es Winter ist und weiter oben gegen den Monte Boglia mit viel Schnee
zu rechnen ist wähle ich die einfachere Variante zur
Alpe Bolla:
Vorbei geht's am Wasserreservoir bis es wieder etwas steiler bis auf
die Bergkuppe geht. Hier tauchen schon die ersten kurzen Schneefelder
auf, wo aber noch gut zu fahren ist da der Schnee hart und kompakt ist.
Weiter geht es dann entlang der Bergflanke des Monte Boglia auf einem
im Sommer sicherlich problemlos zu fahrendem Wanderweg. Aber welche
Herausforderung im Winter, genauer im Januar. Denn es liegt Schnee auf
dem Wanderweg. Meist Hart und Kompakt, Teilweise stark vereist. Welche
herausforderung an die Konzentration - und Steuerkünste erster
Güte sind sowieso gefragt. Was im Sommer ein fast problemloses
vorwärtskommen erlaubt wird hier zum Abenteuer erster Klasse. Der
Adrealinkick ist hier garantiert. Links gehts teilweise fast senkrecht
bergab - so kommt es mir jedenfalls vor. Der Weg durch den Schnee und
das Eis muss mit Balance und Feingefühl gesucht werden. Immer bereit
den rettenden Sprung zu versuchen, falls die Räder weg rutschen.
Ein Weg ist ein stetes sanftes bergauf und bergab bei voller Konzentration.
Hier bin ich tatsächlich auf äusserste gefordert. Plötzlich
rutscht das Vorderrad weg, aber mit schneller Reaktion aus den Pedalen,
noch mal gut gegangen. Noch vorsichtiger und jetzt auch mal kurz schieben
nur nichts leichtsinniges Riskieren denke ich mir. Immer rechne ich
mit dem Sturz. Da ein kurzes Stossgebet, dort ein kurzer unterdrückter
halblauter Fluch. Doch alles geht gut.
Glücklich komme
ich auf der Alpe Bolla an. Hier ist im Winter natürlich geschlossen
und die Alp ist Menschenleer. Aber eine Rast ist angesagt. Welch eine
Wohltat. Die Thermosflasche mit warmer Tranksame ist eine Wohltat für
die geschundenen Gelenke und kühlen Extremitäten. Noch ein
wenig die wärmenden Sonnenstrahlen geniessen Und die Abfahrt beginnt.
Auch hier wieder
Schnee- und Eisreste. Immer wieder heisst es dosiertes Bremsen und geschicktes
steuern. Allmählich werde ich wagemutiger und fahre ein wenig schneller
talwärts. Diese Abfahrt lässt das Bikerherz höher schlagen.
Die Schnee- und Eisfelder werden langsam weniger, aber jetzt kommt noch
das Laub hinzu. Was für ein Erlebnis durch Laub zu fahren das teilweise
höher als das Tretlager reicht. Etwas was wie eine Tiefschneeabfahrt
auf Skiern im Schnee zu beschreiben ist, ein völlig neues Abfahrtserlebnis
auf dem Mountainbike. Fast schon ein wenig euphorisch und die Gefahr
durch den heimtückischen Schnee und Eis fast vergessen passiert
es doch. Im Laub versteckt ein Eisfeld. Das Vorderrad versagt den Steuerkünsten
und rutscht unvermittelt weg. Der Sturz ist unvermeidlich. Zwar durch
den Laub gedämpft aber doch unsanft lande ich auf dem Waldboden
inmitten von Laub. Langsam rapple ich mich wieder auf. Alles scheint
in Ordnung bei mir zu sein, nur das linke Knie schmerzt ein wenig, aber
nicht weiter schlimm. Zur gleichen Zeit kreuzt zufällig ein Jogger
die Stelle. Was dieser Jogger von mir denkt kann ich nur erahnen wohl
nicht nur gutes. Doch ein kurzes Nicken des Kopfes und vorbei ist er.
Beim Bike scheint auch alles in Ordnung zu sein denke ich zunächst
und sitze auf. Doch das Hinterrad dreht nicht mehr richtig. Zum Glück
nicht weiter schlimm. Die Bremse hat sich verklemmt und kann in kurzer
Zeit wieder einigermassen gangbar gemacht werden. Jetzt habe ich doch
noch einen gewichtigen Grund zum "Velomech" zu gehen und den
nötigen Winterservice zu machen. Die restliche Strecke bis Cureggia
werden nun wieder vorsichtiger unter die Räder genommen. Oberhalb
des Dorfes Cureggia fahre ich aus dem Wald und komme bald auf die Strasse
die mich rassig wieder hinunter nach Lugano Pregassona zurückbringt.
Dann noch das gemütlich Ausrollen und zurück pedalen zum Ausgangspunkt
dem Stadio Cornaredo.
Doch wo ist das
Auto. Ohne mein Wissen hat in der Zwischenzeit ein Eishockeymatch in
der nahen Resega-Halle begonnen. War doch bei meiner Ankunft hier der
ganze Parkplatz fast leer, ist er nun praktisch voll belegt. Zum Glück
ist meine Suche nach dem fahrbaren Untersatz nach kurzer Suche von Erfolg
gekrönt. Eine prachtvolle und in der Erinnerung haftende Tour findet
einen zufriedenen Abschluss. Zurück durch den Gotthard-Strassentunnel
empfängt mich wieder Schneetreiben. Um so lieber denke ich an das
sonnige Lugano zurück und nehme so ein wenig Sonne in den folgenden
Alltag mit.
Ziel: Lugano
cu RedOrbiter /
24.Januar 2000